800 Jahre vs. 1200 Jahre Ortsgeschichte
Sehr zufrieden äußerte sich Ulli Roggenkamp, erster Vorsitzende des „Verein zur Förderung der Städtepartnerschaften der Stadt Beckum“ über die große Besucherzahl der Veranstaltung, die sich in den Veranstaltungsreigen „800 Jahre Beckum“ einreiht.
„Mit rund 100 besetzten Stühlen sei der Vortrag bis zum Limit besucht gewesen. Ein Zeichen dafür, dass auch im Verein das 800-jährige Jubiläum auf großes Interesse stößt. Bei vielen Treffen mit Gästen aus den Partnerstädten sei die Geschichte der Stadt auch immer wieder ein Gesprächsthema, zu dem man nun spannende Besonderheiten erzählen kann“ so Ulli Roggenkamp.
Sängerin Nathalie Rath führte mit dem Song „Heimat“ von Johannes Oerding in Begleitung von Funktions-Oberarzt Christian Weber am Klavier musikalisch in den Abend ein.
Stadtdirektor a.d. Dr. Peter Paziorek, ebenso Vereinsmitglied, referierte sehr kurzweilig und spannend zum Thema „Von 785 bis 1224 – wie es zur Stadtwerdung von Beckum kam“.
Schmunzelnd eröffnete Dr. Peter Paziorek seinen Vortrag mit dem Hinweis auf ein Doppeljubiläum: „Wir können in diesem Jahr 800 Jahre Stadtgeschichte und sogar 1200 Jahre Ortsgeschichte feiern.“
Seine Grundsatzfragen waren:
Ist Beckum also viel älter als gedacht?
Was bedeutet „Stadt“ oder „Siedlungsort“?
Warum wurde Beckum ein wohlhabenderOrt?
Fakten, Funde und Vergleiche zu den Nachbarstädten folgten.
Die Zeit verflog im Nu.
Fakt 1:
„Eine erste Siedlung in Beckum ist anzunehmen um 820“ verkündete Dr. Paziorek. Er erklärte, dass für das Jahre 785 die ersten Fundamente eines kleinen Kirchbaus nachweisbar sei und gleichzeitig ein fränkischer Königshof in Beckum entstand. Dieser hatte das Missionsgebiet, der christlichen Franken gegen die heidnischen Sachsen in Westfalen abzusichern. Nach Beendigung des Konfliktes mit den Sachsen wurde der Hof 809 umgewidmet in einen bischöflichen Oberhof, der dem Bischof in Münster unterstand. Es entwickelten sich weitere Höfe, die dem Oberhof zugeordnet waren.
Ausgrabungen des Archäologen Wilhelm Winkelmann in der St. Stephanus Kirche, im Jahre 1964, bestätigten das Vorhandensein zwei weiterer Kirchenbauten nach 805 an eben dieser Stelle unter der Stephanus Kirche.
Die Kombination christliche „Missions“kirche, fränkischer Königshof und bischöflicher Oberhof führten dazu, dass sich um 825 eine erste kleine Siedlung entwickelte.
Fakt 2:
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Ortsentstehung war das Handels- und Wegenetz, welches durch diese Siedlung führte, zum Beispiel von Ahlen nach Bielefeld, von der Lippe bei Herzfeld nach Osnabrück. Der Handel brachte Siedler und Wohlstand.
Fakt 3:
Entscheidend war das Jahr 1180. Der Bischof in Münster bekam zusätzlich zu seiner religiösen Aufgabe die Rechte als Landesherr. Dazu gehörte auch die Fähigkeit, Stadtrechte zu vergeben. Das war sehr entscheidend für die weitere Entwicklung. Die Bischöfe nutzen diese Funktion, einige Landgemeinden/Siedlungen hin zu gewinnbringenden „städtischen“ Gemeinden zu entwickeln.
Dr. Paziorek erklärte, dass es für den Erhalt der Stadtrechte keine expliziten Urkunden gab. Auch die umliegenden Städte Ahlen und Warendorf hätten keine entsprechende Urkunde.
Allerdings wird in einer Urkunde im Jahre 1224 Beckum auferlegt, keine Hörigen vom Kloster Marienfeld aufzunehmen. „Daraus ergibt sich, dass Beckum als Stadt anerkannt war. Gemäß dem Grundsatz ‚Stadtluft macht frei‘ konnten grundsätzlich Hörige (vom Lehnsherren abhängige Bauern ohne Grundeigentum und Rechte), die in eine Stadt wie Beckum zogen, sich ihrer Lehnsherrschaft befreien.“ erläuterte Dr. Peter Paziorek. Womit die Stadtrechte indirekt bewiesen seien.
Somit kann Beckum zu Recht in diesem Jahr das 800-jährige Stadtjubiläum feiern.
Begegnungen organisieren, interkulturelle Kontakte schaffen, Barrieren abbauen und den Europagedanken fördern. Die Ideen, die hinter Städtepartnerschaften stecken, haben heute eine ganz neue Aktualität erfahren.
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